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Tag 3 – Dein Lieblingsbuch

3 Jul ’10

Birgitta Arens – Katzengold, 1982, R.Piper & Co. Verlag, München

Nun verhält es sich eher so, dass Ronz ein Kaumleser ist. Er hat das Lesen von Büchern irgendwann einmal aufgegeben. Zum Teil, weil man ihm am Gymnasium das Lesen vergällt hat. Zum Teil, weil es so viele, so unglaublich viele dumme Bücher gibt. Zum Teil, weil sich vermeintlich gut gemeinte Buch-Ratschläge in der Regel als das übliche Allerwelts-Blabla erwiesen haben. Und zum Teil, keinem geringen zugegebenermaßen, wegen der existierenden Auffassung, dass das Lesen von Büchern mit Bildung gleichzusetzen ist. Welch eklatanter Irrtum einer vermehrt banalen Menschheit.

Selten, dass Ronz ein Buch bis zu Ende gelesen hat.

Dieses, von dem hier die Rede sein soll, hat er mehrfach gelesen. Wieder und immer wieder. Ein Kaumleser, aber ein Buchmehrmalsleser. So es ihn denn erreicht. Dies stellt selbstverständlich kein Kriterium für andere Leser dar. Muss es auch nicht. Schließlich geht es um das Lieblingsbuch von Ronz.

„Katzengold“ ist ein Kleinod. Ein Füllhorn an Ideen. Eine Sammlung von Worten und Sätzen, die den Leser tief berühren können, so er diesen Einlass gewährt. Und es ist ein sprachlich mutiges Buch, weil es neugierig experimentiert. Mit der deutschen Sprache. Und anderen Dingen. Mit dem Leser, zum Beispiel. Führt den Leser distanziert ein in eine tausendmal erzählte Geschichte. Und lässt ihn am Ende sich selbst erkennen. „Katzengold“ ist ein Spiegel.

Erzählt wird die Geschichte der kleinen E. – ihren wahren Namen erfährt man nicht und er ist auch nicht wichtig, denn jeder von uns kann E. sein. Das Buch ist in der Ich-Form geschrieben und man erkennt schnell, mit E. ist B. gemeint. Das Mädchen liebt ihre Großmutter Lina abgöttisch, verbringt viel Zeit mit ihr. Lina ist eine hervorragende Geschichtenerzählerin. Eine verschmitzte, kleine, zwinkernde und weise Erzählerin. So erfahren wir nach und nach von Linas Leben, ihrer Familie, ihrer Liebe, ihrem Zorn, ihrem Mut. Und ihrem Tod. Linas Tod geht nahtlos über in E.’s Leben. Sie erzählt von ihren Eltern und deren Scheitern, ihren Freunden, Träumen, Wünschen, Niederlagen und Banalitäten. Ihrem Kampf mit dem Leben. Den sie am Ende gewinnt, denn Lina hat ihr etwas mitgegeben mit ihren Geschichten: Den Glauben an sich selbst.

Mehr soll nicht verraten sein, die Schönheit des Buches soll sich jedem selbst und wird sich auch jedem anders erschönschließen. Auch das ist eine Kunst, die die meisten Bücher nicht fertig bringen.

Textbeispiel 1 (Prolog):

Lina stirbt. Sie stirbt, weil sie sterben muss und weil ich es hinter mir haben will. Lina anscheinend auch, denn sie stirbt jetzt sehr schnell. Sie ist schon vorher zweimal gestorben, aber jedes Mal ist sie im letzten Moment zurückgekommen, um mir schnell eine Geschichte zu erzählen, die mir noch fehlte. Jetzt hat sie genug von allen Geschichten und öffnet den Mund nur noch, um das Rasseln aus ihrer Brust herauszulassen. Und als ihr dann plötzlich doch noch das Allerwichtigste einfällt, so dass sie überrascht die Augen aufreißt und sich steil im Bett aufrichtet, ist es zu spät. Ihr Herz hört einfach auf zu schlagen und sie fällt zurück, bevor sie es mir verraten kann. Macht nichts, tröste ich sie. Ich denke es mir einfach aus. Und dann ist Lina wirklich tot. Wir haben sie unter die Erde gebracht und das Buch kann anfangen.

Textbeispiel 2:

Einer muss sich auf die Erde legen und der andere legt sich oben drauf. Man schaut sich lange in die Augen. Einer muss sagen: In der Zukunft liegt der Tod uns zu Füßen. Dann lacht man lange und laut. Der unten liegt, schließt die Augen und lässt sich einen Kuss auf den Mund geben. Der obere behält die Augen offen. Er sagt: welche Freude. Und küsst den anderen noch zweimal auf den Mund. Wenn er damit fertig ist, muss der untere anfangen, sich zu wehren. Er muss sagen: nein, bitte nicht, und versuchen den anderen abzuwerfen. Der obere muss dem unteren den Arm auf den Rücken drehen und ihn noch mal küssen. Wenn der untere anfängt zu weinen, muss der obere sagen: bitte weine nicht, ich tue nichts, was du nicht willst. Dann schauen sich beide wieder lange in die Augen. Einer muss sagen: in der Zukunft liegt der Tod uns zu Füßen, und man lacht lange und laut. Dann will der untere auch…

Ein Buch, das lange begleitet.

Ronz

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Ronz lebt in Augsburg mit seinen beiden Töchtern und einem roten Opel Corsa.
Er ist Ingenieur und mag diesen Beruf nicht.
Er schreibt lieber.
Es gibt ein Buch von ihm: http://www.bod.de/index.php?id=296&objk_id=187573
Ronz ist blogger: http://ronzronz.wordpress.com/
Und er  twittert: http://twitter.com/Ronz_
Und er hat euch alle lieb…(ok, das war gelogen ^^)

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3 Comments

  • Reply (mad) 3 Jul ’10 at 10:53

    Solange Ronz so schreibt, braucht er seine Zeit nicht mit Lesen zu verschwenden. Und, ach ja: „Katzengold“ klingt sehr vielversprechend.

  • Reply Tweets that mention Tag 3 – Dein Lieblingsbuch | ivy machts net -- Topsy.com 3 Jul ’10 at 10:56

    […] This post was mentioned on Twitter by Iwona W., Bernhard Madlener. Bernhard Madlener said: 31 Tage – 31 Bücher, Tag 3: Der geheimnisvolle Ronz über sein Lieblingsbuch. Bei Ivy: http://ivy.machts.net/archives/468 #3131 #literatur […]

  • Reply 31 Tage – 31 Bücher | ivy machts net 28 Oct ’10 at 14:33

    […] zur Zeit liest – Fee Tag 2 – Das Buch, das du als nächstes lesen willst – guerillero Tag 3 – Dein Lieblingsbuch – Ronz_ Tag 4 – Dein Hassbuch – (mad) Tag 5 – Ein Buch, das […]

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