Life

Alter Ego als Partyspaß für Verrückte

28 Oct ’14

Vor einigen Jahren hatte ich eine Freundin, mit der ich mir öfters mal einen Spaß erlaubt habe. Wir haben uns einfach einen Jux daraus gemacht, auf Parties, bei denen wir kaum jemanden kannten oder die wir förmlich gecrasht haben, uns als eine völlig andere Person auszugeben. Wir haben dabei nicht Namen angenommen von Personen, die wir kannten oder von bekannteren Personen, denn das wäre vermutlich nicht ganz im Sinne der Betroffenen. Aber wir haben uns Alter Egos ausgedacht, die wir beim Vorglühen bei steigendem Alkoholkonsum besprochen und uns darüber köstlich amüsiert haben.

So kam es, dass wir eines Abends auf einer Party in einem Studentenheim, von der wir über studiVZ erfahren haben, gelandet sind und dort bei 1-Euro-Bier und 90er-Jahre-Hits einigen erzählt haben, dass wir Astronautinnen sind und von der NASA ausgebildet wurden und der österreichischen Regierung jetzt helfen werden, ein eigenes Weltraumprogramm zu etablieren. Wir würden dieses Wochenende richtig Party machen, denn schon im nächsten Monat müssen wir dann richtig reinhackeln. Wir haben das alles vorher so detailliert durchbesprochen, dass unsere Geschichten einfach keinen Zweifel zuließen.

Ein anderes Mal habe ich mich als Neurochirurgin in Ausbildung ausgegeben, während meine Freundin Opernsängerin war. Ich sei die jüngste in Österreich! Das Ganze wäre beinahe in die Hose gegangen, denn ein junger Mann, der eigentlich zwei Grüppchen weiter stand, hat das Gespräch irgendwie mitbekommen, hat sich zu mir gedreht und gemeint, was das nicht für ein lustiger Zufall wäre, er würde auch gerade im Spital XY seine Facharztausbildung zum Neurochirurgen machen. Aja, lustig, Zufälle gibt’s. Leider muss ich schnell meine Freundin suchen, die hat nämlich versehentlich meine Geldbörse eingepackt. Blöd, dass mir das jetzt erst einfällt. Lass uns nachher noch weiterquatschen. Und weg waren wir.

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Meine Freundin hat immer etwas übertrieben und wollte damit teilweise wirklich auch Männer aufreißen, aber ich hab mir wirklich immer nur einen Spaß daraus gemacht und war am Ende eigentlich ganz froh, wieder ich sein zu können. Aber auch spaßige Dinge werden nach einiger Zeit anstregend.

Dieses Spielchen haben wir insgesamt zwölf bis fünfzehn Mal gemacht, danach wurde es langweilig und vor allem war es aber mühsam, sich solche Alter Egos wirklich auszudenken und auch ordentlich aufzubauen. Irgendwann war es uns dann einfach zu blöd und wir haben es gelassen, haben uns aber ein neues Spiel überlegt. Das war eher passiv und war so gedacht: Man ist irgendwo, beobachtet Leute, pickt sich einen raus und denkt sich über den eine Geschichte aus. Einiges kann man ja schon vom Aussehen ableiten (zum Beispiel ob die Person eher viel oder wenig Geld für Kleidung ausgibt etc.). Auch wenn das natürlich schwierig ist, war es lustig. Wir haben das teilweise mit Kellnern gemacht, Pärchen die am Nebentisch gesessen sind oder mit Leuten, die irgendwo auf die Straßenbahn gewartet haben. Da hatten wir geschiedene Frauen, die gerade darauf gekommen sind, dass sie eigentlich lesbisch sind oder Heiratsschwindler und Rechtsanwälte, die auf Sadomaso stehen. Alles war dabei.

Mittlerweile habe ich zu dieser Freundin keinen Kontakt mehr, aber mir ist die Geschichte wieder eingefallen, weil ich mich hin und wieder, wenn ich alleine unterwegs bin, dabei ertappe, hinter der Frau in der Straßenbahn in Wirklichkeit einen Mann zu vermuten oder es mir vorzustellen, was Leute mit traurigen Gesichtern wohl gerade für schlechte Nachrichten bekommen haben. Das nehme ich natürlich nicht ernst, aber es hinterlässt in mir immer wieder die Faszination, dass man eigentlich sein kann, was man will. Man muss es aber dann nicht nur sich ausdenken, sondern es dann auch praktizieren. Das ist der einzige Unterschied. Und wenn sich zwei Verrückte eine Geschichte für jemanden ausdenken können, dann kann man es selber auch.

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1 Comment

  • Reply Richard Haderer 28 Oct ’14 at 23:20

    HAHA! So eine ähnliche Geschichte hab ich auch: Ich hab mit Freunden beim Pokern in einem Casino mal gewettet, dass ich jede Rolle überzeugend mimen kann. Sie durften sich eine aussuchen und haben mich zum Arzt in Ausbildung zum Schönheitschirurgen gemacht. Hab das auch durchgezogen, wurde dann aber bei jedem Besuch als Herr Dr. angesprochen.

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