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Tag 22 – Das Buch in deinem Regal, das die meisten Seiten hat

22 Jul ’10

Für meine Buchrezension habe ich mir eine kleine Adaption des Auftrags erlaubt: Es geht nicht um ein einzelnes Buch, sondern um eine Tetraologie. Der vierte Teil würde nämlich in Wirklichkeit das Buch mit den meisten Seiten sein, aber was bringt es, den vierten Teil ohne die drei Teile davor zu rezensieren? Ich habe die Geschichte damals gelesen wie sie erschienen ist (1998/1999/2000/2002). Leider kann ich mich nicht mehr an die ganzen Details erinnern, daher fällt die Inhaltsangabe etwas kürzer aus. Aber nun zur eigentlichen Rezension:

Seitdem ich auf ebooks umgestiegen bin, ist mein Bücherregal sehr überschaubar geworden. Daher ist es für Otherland von Tad Williams nicht schwer, da herauszustechen. Aber auch ohne diese Hilfe kann der Umfang überzeugen: Es ist eine durchgehende Geschichte mit 919+780+825+1104 = 3628 Seiten (in der deutschen Übersetzung, die ich habe). Zum Vergleich, Der Herr der Ringe hat in der deutschen Fassung nur 1379 Seiten.

Damit bin ich auch gleich beim Inhalt angelangt: Otherland führt das weiter, das Der Herr der Ringe begonnen hat, sehr eindrucksvoll von Richard A. Bartle in seinem Werk Designing Virtual Worlds beschrieben:

The single most important influence on virtual worlds from fiction is J. R. R. Tolkien’s The Lord of the Rings trilogy. Although it would be of huge significance merely for having established the genre of High Fantasy, its ultimate worth lies in its depiction of an imagined world. It’s not the particular world it describes that is momentous […]; rather, it’s that creating a fully realized, make-believe world was shown to be actually possible. Prior to The Lord of the Rings, worlds of such depth were practically unknown.

Ted Williams führt dies nun fort, und erschafft nicht nur eine, sondern unzählige solche Welten, die alle parallel existieren (und mit ein Grund sind, wie er auf diese massive Anzahl an Seiten kommt).

Die Geschichte beginnt allerdings in der unsrigen Welt, oder zumindest in einer, die die unsrige einmal werden könnte. Das Geschehen spielt im späten 21. Jahrhundert, wo das Internet in eine virtuelle Welt ähnlich Second Life transformiert wurde (SL kam übrigens erst 2 Jahre nach dem vierten Band heraus). Allerdings hat sich die Schnittstelle zwischen Mensch und Computer so weit entwickelt, dass man sich direkt einhängen kann. Alles was man dazu braucht ist ein Implantat, das von einem versierten Chirurgen installiert werden kann. Dies ist allen etwas wohlhabenderen Leuten zugänglich.

Nicht so der Hauptdarstellerin, Irene Sulaweyo. Sie lebt in Südafrika und ist eine College-Professorin. Ihr Student und Buschmann (ist das noch politisch korrekt?) !Xabbu bittet sie darum, ihm die virtuelle Welt zu zeigen und zu erklären, wie man Inhalte erstellen kann, damit er darin seine Kultur erhalten kann. Sie verwenden dazu ein kompliziertes Aufhängesystem mit VR-Brillen.

Allerdings ereilt sie ein Schicksal: Ihr Bruder fällt in ein Koma, dem immer mehr Kinder weltweit zum Opfer fallen. Sie recherchiert zusamen mit !Xabbu nach dem Ursachen, und findet dabei heraus, dass eine Gruppe von superreichen Geschäftsleuten dahinter steckt, die sich die Gralbrüderschaft nennen. Es scheint auch einen Zusammenhang mit einer goldenen Stadt zu geben, die einigen Leuten in der virtuellen Welt erscheint. Im Gegensatz zu dieser erscheint diese Stadt aber total realistisch, und die Entdecker sind von ihr magisch angezogen. Sie suchen nun nach dieser Stadt und finden auch einige Mitstreiter, die sie dabei unterstützen.

So auch Orlando Gardiner, ein nordamerikanischer Bub, der an Progerie leidet. Er hat über sein Implantat in der virtuellen Welt einen Weg gefunden, sein kurzes Leben zu leben, ohne von seinen körperlichen Problemen behindert zu werden. Wie er die goldene Stadt sieht, setzt er alles daran, sie zusammen mit seinem Freund Sam (der in Wirklichkeit ein Mädchen ist wie sich erst später herausstellt) zu finden.

In der Zwischenzeit haben sich Irene und ihr Team in einem alten Militärstützpunkt verbarrikadiert, weil es dort spezielle Vorrichtungen gibt, mit denen man längere Zeit in der virtuellen Realität bleiben kann. Dazu wird die Person mit einer VR-Brille in einen großen Kanister mit einer speziellen Flüssigkeit versenkt, die durch Stromimpulse örtlich beschränkt fest gemacht werden kann, und damit taktiles Feedback erzeugt werden kann.

Die Teams von Irene und Orlando finden die Stadt zur gleichen Zeit, und werden dort von einer Person empfangen, die ihnen sagt dass er sie gerufen hat, damit sie die Gralbrüderschaft aufbrechen. In diesem Auftrag reisen sie durch diese Welt, die in Wirklichkeit viele viele Teilwelten hat, jede von einem anderen Mitglied der Brüderschaft erschaffen. Jede von diesen hat ganz spezielle Besonderheiten. An dieser Stelle beginnt die eigentliche Geschichte, davon möchte ich nicht zu viel spoilern. Nur ein paar Beispiele für die Welten:

  • Eine Simulation der ägyptischen Mythologie.
  • Eine Comicwelt ähnlich Hägar dem Schrecklichen.
  • Eine Welt, in der man als Mensch fliegen kann.

Als ein großer Fan von virtuellen Welten hat mich die Geschichte sehr fasziniert, und ich habe die Bücher immer sofort ungeachtet ihres Umfangs verschlungen. Die Geschichte an sich ist sehr anregend, und das Setting ist definitiv eine würdige Weiterführung der Cyberpunk-Idee. Vielleicht lese ich die Geschichte auch noch mal, wenn ich mal ein Jahr lang nichts zu tun haben sollte.


Andreas ist Student im Studiengang Game Engineering des Technikum Wiens, wo er sich viel mit der Thematik virtuelle Welten auseinander gesetzt hat. Außerdem ist er auch Lektor dort, nebenbei selbstständiger Mac-Softwareentwickler und trainiert in der spärlichen Freizeit Jujitsu. Im Internet ist er auf Facebook, in twitter via monitzer.com zu finden.

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3 Comments

  • Reply Scarygami 22 Jul ’10 at 12:12

    Diese geniale Buchreihe habe ich auch noch sehr gut in Erinnerung und vorallem das “ewige” Warten auf den nächsten Teil. Was ich ja besonders interessant gefunden habe, ist wie !Xabbu mit der für ihn komplett fremden Welt umzugehen lernt.

  • Reply bobschi 22 Jul ’10 at 14:18

    Die Bücher waren ganz, gaaanz großes Kopfkino, und wahnsinnig spannend zu lesen. Trotz der Länge kein in die Länge ziehen. Wirklich genial.

  • Reply Tweets that mention Tag 22 – Das Buch in deinem Regal, das die meisten Seiten hat | ivy machts net -- Topsy.com 22 Jul ’10 at 19:49

    […] This post was mentioned on Twitter by Iwona W., Bernhard Madlener. Bernhard Madlener said: RT @iwona_w: Tag 22 bei “31 Tage – 31 Bücher” von @anlumo1 http://bit.ly/9f34yA #3131 […]

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