31 Tage - 31 Bücher Bücher Projekte

Tag 28 – Zum Glück wurde dieses Buch verfilmt!

28 Jul ’10

Solaris

Die Verfilmung von Steven Soderberg aus dem Jahr 2002 war in meinen Augen solide. Mehr nicht. Lem selbst war weder mit der 1972 produzierten Verfilmung zufrieden, noch mit der 2002er Variante. Das Einzige, das mir von dem Film in lebhafter Erinnerung geblieben ist, ist der gute Soundtrack, den ich mir jetzt noch hin und wieder anhorche. Der Film war von den Bildern her stark, auch von Timing und Musik. Die Story war halt wieder Mal eine Liebesgeschichte – in der Hauptrolle der Clooney George, weswegen ich ihn mir fast nicht angesehen hätte. Damals hatte ich noch keine Ahnung, wer Lem überhaupt war. Schön anzusehen, aber irgendwie vom Inhalt her sehr mager. Typische Clooney Schnulze halt, dachte ich. Ich mag ja den George Clooney nicht wirklich. Er spielt in ein paar ganz netten Filmen mit, und in ein paar hat er auch echt gut gespielt. Man kann nicht sagen, dass ich ihn nicht mag – ich brauche ihn halt zirka so dringend in meinem Leben oder auf meinem Bildschirm wie Lakritze. Den Film hab ich mir mit meiner Freundin angeschaut, die natürlich auch trotz Clooney George promp eingschlafen ist.

Der Soundtrack hat mir dann doch gefallen, und so begann ich, über den Film ein wenig nachzuforschen, und entdeckte, dass er scheinbar auf einer Buchvorlage basierte. Stanislaw Lem, Solaris. Die Wortkombination blieb mir irgendwie im Kopf, auch wenn ich ihr momentan nicht weiter nachging. Etwas später suchte ich wieder einmal nach etwas gehaltvollerer Science-Fiction, und irgendwie war mir der Name Lem im Kopf geblieben. Also besorgte ich mir das Buch.

Was folgte war Kopfkino vom Feinsten, wie ich es sonst eher selten erlebe, mehrmaliges Wiederlesen, mehrmaliges Lesen der großartigen Sterntagebücher (geborgt und empfohlen von einem lieben Freund). Alles in Allem hat mich ein eher mittelmäßíger Film auf einen exzellenten Autor gebracht, der mir sonst entgangen wäre. Da kann ich sogar dem Clooney George sein Mitwirken an dieser eher herabwürdigenden Darbietung verzeihen. Genug des Vorspiels, auf zum Hauptteil.

Ich bin halt ein kleiner Buch-Fetischist

Die Handlung des Buches spielt fast ausschließlich auf einer Forschungsstation auf dem Planeten “Solaris”, der auf der Suche nach extraterrestischem Leben entdeckt wurde. Der Planet ist zu großen Teilen von einem seltsamen “Ozean” bedeckt, der scheinbar eigentümlichen physikalischen Gesetzen zu gehorchen scheint. Besonders diesen wollen die Forscher untersuchen.

Das Buch beginnt, als der erfahrene Psychologe Kelvin auf der Station eintrifft. Auf der Station sollen sich noch drei weitere Forscher befinden – Gibarian, Snaut, Sartorius – von denen ihm nur Gibarian persönlich bekannt ist. Er soll die Besatzung der Station verstärken. Kurz nach seiner Ankunft muss er aber feststellen, dass sein Freund Gibarian vor Kurzem Suizid begangen hatte und der Forschungsbetrieb auf der Station so gut wie eingestellt ist. Die beiden noch lebenden Forscher legen ein äußerst merkwürdiges Verhalten an den Tag, und verhalten sich Kelvin gegenüber eher abweisend.

Mit der Zeit findet Kelvin heraus, was es mit dem seltsamen Verhalten der anderen Forscher auf sich hat. Scheinbar wird die Besatzung von Geistern – Besuchern – ihrer Vergangenheit heimgesucht. Auch Kelvin wird mit dem dunkelsten Kapitel seiner Vergangenheit konfrontiert. Doch während die zwei anderen Forscher versuchen ihre Geister los zu werden, träummt sich Kelvin mit seiner Besucherin ein neues Leben zurück auf der Erde aus, er malt sich eine Chance aus, alte Fehler nicht zu wiederholen und wieder gut zu machen. Als Snaut und Sartorius einen Weg finden, ihre Besucher zu vernichten, verzögert und sabotiert Kelvin ihre Pläne.

Hier lasse ich einiges aus. Wenn ihr die Geschichte nicht selbst lesen wollt, lest auf Wikipedia nach. Dieser Teil der Geschichte ist wunderbar tragisch, und sollte auf jeden Fall nicht durch dilletantische Nacherzählung meinerseits verdorben werden.

Das Buch endet mit dem ersten Besuch Kelvins auf der Planetenoberfläche. Er sieht die fantastischen Strukturen die aus dem Ozean zu wachsen scheinen, die er bisher nur aus den Aufzeichnungen vorangegangener Forscher kannte. Der fantastischte Teil der Geschichte, wunderbar, und erschreckend schön. Gänsehaut.

Conclusio

In der Verfilmung wir der Liebesgeschichte zwischen Kelvin und seinem Besucher viel zu sehr in den Fordergrund gestellt. Dies ist einer der Hauptgründe, warum Lem die Verfilmung missfiel. Ich neige dazu ihm zuzustimmen. Sein Buch ist ein geniales Werk, weöches die möglichen – unüberwindbaren? – Inkompatibilitäten irdischer und außerirdischer Intelligenz auszuleuchten vermag. Die Detailgenauigkeiten mit der er die seltsamen Phänomäne auf der Planetenoberfläche beschreibt, die so wunderbar mit den kleinen, engstirnigen Menschlein in der Raumstation kontrastieren, der Kampf Kelvins um Normalität. Eines der ganz großen Bücher Lems.

Alles in Allem kann ich euch das Buch nur ans Herz legen. Lest es. Und dann lest die Sterntagebücher. Stanislaw Lem nicht gelesen zu haben und Science-Fiction Literatur zu mögen passt definitiv nicht zusammen.

Links


@bobschi

Florian “bobschi” Holzner ist ziemlich süchtig nach Kaffee, Sex und Aufmerksamkeit, ist immer gern bei einem Bier oder zwei (oder drei) dabei, liebt gutes Essen und gute Bücher, twittert viel und gerne, fotografiert, spielt (klassische und E-) Gitarre, arbeitet für Die Angewandte Continuing Education GesmbH., studiert Medizinische Informatik und Humanmedizin, und ist noch immer mit seiner ersten Freundin zusammen.

0

5 Comments

  • Reply Bobschi 28 Jul ’10 at 15:42

    Ich geh’s extra nochmal langsam durch und überseh natürlich wieder ein paar Fehler … :-(

  • Reply Scarygami 28 Jul ’10 at 15:52

    Das Buch wurde mir während der Schulzeit von meinem Deutschprofessor geschenkt, und ich habe es verschlungen.
    Mir gefällt die Filmversion von Andrei Tarkovsky um einiges besser, da diese zumindest von der Atmosphäre her dem Buch viel näher kommt als die neuere Fassung. Im Allgemeinen hätte das Buch aber meiner Meinung nach nicht verfilmt werden sollen, da die Bilder, die das Buch im Kopf erzeugt auf der Leinwand nie in derselben Intensität abgebildet werden können.
    Wenn die Verfilmungen aber Leute dazu bringen das geniale Buch zu lesen, hat das natürlich etwas positives :-)

  • Reply Tweets that mention Tag 28 – Tag 28 – Zum Glück wurde dieses Buch verfilmt! | ivy machts net -- Topsy.com 28 Jul ’10 at 16:08

    […] This post was mentioned on Twitter by Florian Holzner, Iwona W.. Iwona W. said: Tag 28 von @bobschi in der Reihe "31 Tage – 31 Bücher" http://bit.ly/a5a7Mb #3131 […]

  • Reply (mad) 28 Jul ’10 at 22:39

    und wieder ein ganz fantastisches buch in iwonas #3131-projekt. ich hab’s vor etwa sieben jahren gelesen und erinnere mich immer noch gerne an die geschichte. die verfilmung mit clooney fand ich trotz der genannten kritikpunkte sehr gelungen – einer der handvoll filme (jetzt abgesehen von den echten klassikern…), die ich mir irgendwann noch einmal anschauen möchte.

    @Bobschi: ich mag clooney sehr – hast du ihn in „from dusk till dawn“, „syriana“, „ocean’s twelve“ oder „michael clayton“ gesehen? und bezüglich fehler: bis auf einen, der etwas weh tut, sind’s eh harmlose vertippser – ivy war halt auch schon auf dem sprung nach danzig ;-)

  • Reply leningratt 29 Jul ’10 at 03:20

    @bobschi der fehlerteufel wird wohl nie bezwungen werden ;-)

  • Leave a Reply