Netzleben

Google+ und die ewige Namensdiskussion

26 Jul ’11

Es erstaunt mich schon seit Tagen, wenn nicht eigentlich seit Wochen, was rund um die Klarnamensdiskussion rund um Google+ abgeht. Da gibt es auf der einen Seite jene, die ständig auf das Recht auf Anonymität im Netz pochen, andere wiederum bezeichnen die Verfechter der Klarnamenspflicht als intolerant und dann gibt es noch die, die versuchen mit sachlichen Argumenten Gründe zu finden, warum das eine schlechter ist als das andere. Dann kursieren ja noch die Fälle, bei denen Google+ Profile gesperrt wurden und jene, die sich freiwillig dazu entschlossen haben ihr Profil zu löschen. Aus Angst, dass die große Datenkrake Google das gesamte Profil mit all seinen dazugehörigen Funktionen, Features und Diensten lahm legt.

Da ich mich ohnehin lange zurückgehalten haben, möchte ich nun auch meinen – vermutlich unwichtigen – Senf zu der ganzen Sache abgeben:

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Ich weiß, dass es viele gibt, die sich im Internet eine Präsenz unter einem sogenannten “Nicknamen” bzw. Pseudonym aufgebaut haben. Viele davon kenne ich unter diesem Namen von Twitter, Blogs oder diversen Foren. Viele davon habe ich schon in natura getroffen und kann meist zu vielen Pseudonymen Websites, Gesichter oder Twitter-Accounts zuordnen. Wo wir schon beim Thema wären: das Argument, dass man ja auf Twitter auch Pseudonyme verwendet wird in der Klarnamens-Diskussion ständig herbeigezogen und ich möchte an dieser Stelle betonen, dass in meinen Augen Twitter kein soziales Netzwerk per se ist. Warum nicht? Weil die Relation zwischen dem, was passiert (was wird geshared, retweetet, ge-sternt, replied, etc.) und dem WER es macht sehr unausgeglichen. Kurz gesagt: Twitter ist eine Drehscheibe für Information.

Irgendwo hab ich diesen Satz mal aufgeschnappt: [quote]Ein soziales Netzwerk ist nur so sozial wie seine User.[/quote]

Wie dem auch sei. Auf Twitter ist der Name auch oft mit dem bürgerlichen Namen verknüpft. Sei es, weil jemand freiwillig seine Infos bei Twitter eingibt oder weil sein Profil durch Verlinkungen usw. mit dem echten Namen in Verbindung gebracht werden können. Ich möchte jetzt auf einzelne Argumente, die in der Klarnamensdiskussion immer wieder erwähnt werden eingehen:

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    • Das Verbot von Pseudonymen verhindert kein Trolling und Spamming: diese Aussage mag zwar stimmen, aber nur bedingt. Wer mit seinem echten Namen unterwegs ist, der wird sich zwei Mal überlegen, ob er Blödsinn postet oder doch lieber bleiben lässt. Ein sogenannter “Fake Account” lässt einem diesbezüglich mehr Spielraum, vor allem, wenn es ein fingierter Name ist, der nicht auf den echten zurückzuführen ist (was vermutlich eher selten der Fall ist.). Dies kann man besonders gut in Foren von Tageszeitungen betrachten: nur wenige der User, die dort desöfteren unter einem Pseudonym posten, würden sich auf offener Straße hinstellen und das selbe wiederholen. Weil es auf sie zurückzuführen wäre. Menschen, die sich immer und überall hinter Pseudonymen verstecken sind für mich unauthentisch. Das Argument eines “Microbrand“, wie es auch schon gebracht wurde, ist hier nicht angebracht: eine Marke kann man sich auch aufbauen, wenn man mit seinem echten Namen dahintersteht.
    • Online Pseudonyme behindern den Sinn und Zweck eines sozialen Netzwerks nicht: Das Argument der physischen Kontaktanbahnung ist hier völlig fehl am Platz, da es in seltensten Fällen darum geht. Es geht darum, dass in einer virtuellen Kommunikation – genauso wie am Telefon – das Bedürfnis besteht zu wissen, mit wem ich es zu tun habe. Und ich würde lieber die Menschen mit ihrem Namen ansprechen als mit ihren Pseudonymen. Es ist durchaus nicht sehr hilfreich für andere, wenn man unter einem Pseudonym auftritt. Jemanden einzuordnen fällt demnach äußerst schwer und eine Kontaktmöglichkeit ist von vornherein selten gegeben, weil man nicht weiß, worauf man sich eingelassen hat.
    • Minderheiten können sich im Netz besser integrieren: völlig falsch. In diktatorischen Systemen, in denen es verboten ist in sozialen Netzwerken “Unfug” zu treiben, wird auch ein Pseudonym kaum helfen. Im Endeffekt ist jeder User auf eine reale Person früher oder später zurückzuführen. Die Möglichkeit unter einem Pseudonym aufzutreten, wenn man verfolgt wird oder Angst hat entdeckt zu werden (z.B. aus Gründen der persönlichen Sicherheit) sind zwar gerechtfertigte Gründe, allerdings auf lange Sicht erfolglose Bestreben.
    • Ich habe das Recht so aufzutreten, wie ich möchte: stimmt zwar, aber auch wiederum nur bedingt. Leider obliegt diese “Freiheit” nämlich nicht immer einem persönlich, sondern muss auch darauf achten, wo man sich aufhält. Facebook, Google+ und andere Netzwerke haben Hausregeln, an die man sich zu halten hat. Ob sie einem passen oder nicht, ist eine andere Diskussion. Ebenso, ob sie legitim sind. Die Freiheit des einen hört da auf, wo die Freiheit des anderen beginnt. Wer in mein Wohnzimmer kommt, darf auch nicht auf den Boden spucken und es ist eine Sache von Anstand seinen Namen zu nennen, wenn man meine Schwelle überschreitet

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Das waren nur einige kleine Argumente, die ich in den Wahnsinn der Klarnamensdiskussion einbringen wollte. Ich kann auch nur von mir persönlich sprechen, ich bin keine Soziologin, weiß aber aus Erfahrung, dass sich mein persönliches Prinzip z.B. auf Facebook nur Personen zu adden, die ich zumindest ansatzweise kenne UND die mit ihrem echten Namen auftreten, bis jetzt positiv erwiesen hat. Natürlich steht es jedem frei überall so aufzutreten, wie er möchte. Allerdings muss ich wiederum solche Personen nicht zu meinen “Kreisen” hinzufügen. Weil es wiederum MEINEM persönlichen Prinzip widerspricht. So wie jenen, denen es widerspricht mit ihrem echten Namen aufzutreten. Ich möchte auf einer Party oder am Telefon auch wissen, mit wem ich es zu tun habe. Und so geht es mir im Netz auch, vor allem, weil ich einen großen Teil meiner Arbeit und meiner Freizeit in diesem virtuellen Leben verbringe.

An dieser Stelle möchte ich im Übrigen noch anmerken, dass ich glaube, dass es in einigen Jahren nicht mehr möglich sein wird unter einem Pseudonym aufzutreten. Zu groß sind die Spuren, die wir überall im Netz hinterlassen. Alles mit allem verknüpft wird es schwer werden sich anonym im Internet zu bewegen. Mir persönlich würden nur zwei oder drei Beispiele dazu einfallen. Diese Leute müssen sich es aber dennoch gefallen lassen, dass Hausregeln verschiedener Netzwerke es nicht erlauben unter diesen Pseudonymen aufzutreten. Aus welchen Gründen auch immer.

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2 Comments

  • Reply eaglepowder 26 Jul ’11 at 13:55

    Weils mir gerade einfällt: Ich kenne kaum jemand, der anonymer ist als Google selbst. Kein Büro, keine Telephonnummer, kein Gesicht. Nur Brads, Jimmies und Jonnies die Gmails versenden und deinen Ausweis sehen wollen. Auch strange.

  • Reply Stefan 26 Jul ’11 at 16:19

    Wenn google+ vorgibt nur mit echten Namen aufzutreten – und das in einer Beta, wo auch keine Firmen erlaubt sind – dann ist das halt nunmal so. Wenn das eine Person nicht möchte, dann muss sie auch nicht mitmachen. Eine “Hausordnung” gibt es quasi überall.
    Zusetzlich denke ich, dass selbst wenn man per Psydonym auf google+ unterwegs wäre, es nicht lange dauert bis alle Fäden im Hintergrund zusammenlaufen und die die es wissen wollen auch herausfinden wer dahinter steckt. Wenn damit jemand ein Problem hat, dann sollte er sich sowieso ganz vor dem Internet verstecken.

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