Life

Essen. Oder: mein first world problem

10 Dec ’11

Essen war für mich schon immer etwas sehr Wichtiges. No na. Essen ist lebenswichtig. Und ohne Essen können wir nicht leben. Und wahrscheinlich ist dieser Post für viele eine “Frechheit”, weil das, was ich hier schreibe, wirklich first world problems sind. Aber dennoch muss ich das jetzt hier mal niederschreiben. Auch weil ich mich sehr intensiv mit dem Thema Essen generell beschäftige. Seit meiner Kindheit ist Essen für mich etwas sehr Positives. Meine Mutter ist eine gute Köchin. Und eine gute Bäckerin. Wir hatten immer genug zu essen und meine Mutter hat für uns fast tagtäglich gekocht. Für Fertigprodukte – wenn mal wenig Zeit war – hat sich meine Mutter bei uns Kindern entschuldigt. Heutzutage ist das fast nicht zu denken. Aber das habe ich von zuhause mitgenommen: die Freude am Essen. Dass Essen etwas Gutes und Positives ist.

Gesellschaftlich gesehen ist Essen für mich genauso wichtig. Essen tut man mit den Menschen, die man mag. Man unterhält sich, es ist etwas Tolles, Genüssliches und Freudiges. Allerdings habe ich dies von zuhause nicht mitgenommen, denn das Essen zuhause war aufgrund gewisser familiärer Vorfälle, auf die ich nicht eingehen möchte, ehrlich gesagt eine Qual.

Heute, sieben Jahre, nachdem ich von zuhause ausgezogen bin, hat sich vieles in meiner Essensgewohnheit und meinem Lebensstil diesbezüglich geändert: Dank meiner lieben Mutter, die immer hervorragend gekocht hat, war für mich Kochen etwas Selbstverständliches und Normales. Auch als ich das erste Jahr in einem Studentenheim gewohnt habe, habe ich fast täglich – meistens abends – gekocht. Andere haben das weniger gemacht. Es kamen Ausreden wie “für einen alleine kochen zahlt sich nicht aus” oder “ich habe keine Zeit.” Zeit hat niemand von uns. Aber ich nehme mir auch zumindest fünf oder sechs Tage in der Woche, an denen ich abends koche. Ich liebe es zu kochen, neue Sachen auszuprobieren. Setzt natürlich auch Voraus, dass ich viele Dinge der Küche betreffend, sehr gut beherrsche. Wo andere sich in einer gewissen Zeit mit dem Schneiden einer Zwiebel beschäftigen, habe ich schon fast eine ganze Tomatensuppe gekocht. Basics kann ich gut, ich habe und kenne viele Küchenutensilien, den Gebrauch sehr vieler Gewürze und Kräuter, das Kochen mit verschiedenen Geräten. Ich kenne fast sämtliche Ausdrücke der professionellen Küche (meist sind die französisch) und ich liebe es mir Kochsendungen anzusehen.

Seit ich selber so viel koche, ist mir Qualität von Essen sehr wichtig geworden. Vor drei oder vier Jahren bin ich noch oft in All You Can Eat Buffets von Chinarestaurants gegangen oder war regelmäßig Running Sushi essen. Heutzutage könnte ich das nicht mehr. Weil es mir einfach zu grauslich ist. Weil ich weiß, was frische und gute Zutaten sind. Und weil ich weiß, dass es diese dort sehr selten gibt. Weil gute Restaurants eine Rarität sind. Sobald ich zum Beispiel in ein Restaurant komme und sehe, dass da drei Millionen Sachen auf der Speisekarte sind, weiß ich, dass das Restaurant scheiße ist. Weil ein gutes Restaurant nur eine gute annehmbare Anzahl an Speisen haben. Diese dafür qualitativ besser sind. Und vom Wein will ich gar nicht reden. Wo ich früher aus der Dopplerflasche getrunken habe, kenne ich mittlerweile die gängigsten Weine, kenne einige gute Anbaujahre und dazugehörige Weingebiete und habe auch schon einige Lieblingsweine. Auch hier wird bei mir Qualität großgeschrieben. Und dabei gehe ich nicht vom Preis aus. Ich habe einen Lieblingsweißwein, der vier Euro kostet. Das ist für einen Wein sehr günstig. Und oft weiß ich auch schon welchen ich kaufen muss, wenn ich etwas koche.

Gesellschaftlich gesehen finde ich essen entgegen früher großartig. Es ist für mich Luxus, wenn ich mit Freunden “essen” gehe. Oder sie zu mir einlade, um zu kochen, zu essen, guten Wein zu trinken und zu quatschen. Oder das Abendessen in einer Familie: wo sich jeder wirklich abends die Zeit nimmt, sich hinzusetzen, den Tag bei einem guten Essen ausklingen zu lassen, ihn Revue passieren zu lassen. Das empfinde ich als eines der schönsten Dinge. Etwas, auf das man sich freuen kann. Das eine Konstante ist im Leben. Ein Punkt, an dem man sich kurz anhalten kann.

Und gutes Essen muss nicht immer teuer sein. Es kommt auf die Qualität an. Dabei gilt: frische Sachen verwenden und so wenig wie möglich Fertiges. Und dann braucht man auch nicht viel. Wenn man gute Sachen verwendet, reicht es völlig aus wenige Produkte zu benutzen. Kräuter und Gewürze sind wichtig, man sollte sie aber nicht überbewerten. Auch das Anrichten von Speisen ist etwas, das gleich mehr zum Essen einlädt: wer sich die Zeit nimmt, den Teller schön anzurichten, hat schon vieles erreicht, um bei den Essenden Eindruck zu machen.

Das Leben ist viel zu kurz für schlechtes Essen.

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8 Comments

  • Reply Florian∧Holzner → me 10 Dec ’11 at 22:12

    absolut richtig. dem ist so nichts mehr hinzuzufügen. :)

  • Reply null_vier 10 Dec ’11 at 22:15

    yep, kann ich genau so unterschreiben. nicht umsonst soll und ist die küche das zentrum einer wohnung

  • Reply Victoria L. 10 Dec ’11 at 22:27

    Dein Post spricht mir aus der Seele und ist wunderbar geschrieben! Wie oft musste ich mich schon für meine “Essensfixiertheit” vor Freunden und Bekannten rechtfertigen. Dabei setzt nunmal jede Person andere Prioritäten. Vielleicht gebe ich mehr Geld für Essengehen/kochen aus als der Durchschnitt, allerdings bereitet mir auch nichts so große Freude wie ein gutes Essen :) Ich spare mir dann z.B. gerne den Eintritt in einen teuren Club und investiere in lieber in ein gelungenes Abendessen ;)
    Hier hab ich auch schonmal ein wenig darüber geschrieben: http://www.victorypug.com/celebrate/ 

    • Reply Anonymous 10 Dec ’11 at 22:31

      Hallo Victoria. Ich habe diesen Beitrag von Dir gelesen, ich kann mich sogar noch an ihn erinnern. Schön geschrieben auch. Wir sind uns da also einig :) Und das mit dem Rechtfertigen kenne ich…

  • Reply Hagebutterchen 10 Dec ’11 at 22:43

    Toller Text, da kann ich dir zu 100% zustimmen!

    Ich finde es immer wieder sehr, sehr schade wie unwichtig manchen Menschen Essen ist. Allein in der Arbeit merke ich das zu oft, da wird in der Mittagspause einfach mal schnell ein TK-Produkt vom Supermarkt aufgewärmt (und ja, probiert habe ich es auch schon mal, aber ich habe NIE verstanden, wie einem SOWAS schmecken kann), die gebratenen Nudeln mit knusprigem Huhn ums Eck oder ein Big Mac Menü gekauft. Wenn man da mal was Selbstgemachtes mitnimmt, egal ob kalt oder zum aufwärmen, sind dann zwar alle entzückt, meinen aber, dass ihnen das viel zu viel Arbeit wäre. Dabei dauert es doch gar nicht lang sich einen tollen Couscoussalat vorzubereiten, satt macht der übrigens genauso und ist dazu noch viel gesünder als dieses Tiefkühlzeug.

    Oh und noch weniger verstehe ich Leute, die bestimmte Restaurants/Lokale (die qualitativ einfach spitze und preislich noch vollkommen in Ordnung sind…und ja das sage ich als Studentin) als zu teuer empfinden und sich dann lieber ein Rouge um 60 Euro kaufen. Ist Essen mittlerweile so unwichtig geworden? Ich würde NIE auf gutes Essen verzichten, dazu ist das Leben wirklich zu kurz und außerdem esse ich viel zu gerne :)

    • Reply Victoria L. 10 Dec ’11 at 23:48

      Ich muss sagen, dass ich Leute genauso gut verstehen kann die sich lieber ein €60 Rouge kaufen anstatt essen zu gehen. Deren Prioritäten liegen halt einfach woanders und das sollte man genauso respektieren…

      • Reply Hagebutterchen 11 Dec ’11 at 08:27

        Das stimmt natürlich, aber ich kann es nicht verstehen, wie man ein Eis um 3 Euro zu teuer finden kann (ging da um den Eisgreissler) um es sich mal zu gönnen und 60 Euro für ein Rouge von Guerlain ohne nachzudenken raushaut. Das erschließt sich mir nicht :D

  • Reply Jennifer Lynn 10 Dec ’11 at 22:54

    Ich finde deine Einstellung super. Ich bins von klein auf gewohnt gewesen das immer frisch gekocht wurde, wir haben immer gut gegessen und meine Mama hat auch immer darauf geschaut, dass jeder das bekommt, was er gern hat. Ich merke erst jetzt, wo ich alleine wohne, einen Haushalt, Mann & Kind habe, wie anstrengend es eigentlich ist, jeden Tag zu kochen. Aber ich tue es gerne, mit Liebe und Hingabe, weil ich weiß, dass ich uns und vor allem Jake etwas gutes tue. Bei uns gibt es keine Fertigware, das einzige was wir uns ab und zu erlauben sind Mohnnudeln oder Käsespätzle – wo die Spätzle Fertigware sind. Sonst schau ich so gut wie möglich, so wie du, Frisch zu kochen. Ich achte beim Fleisch auf die Qualität. Wir essen zb sehr wenig Schweinefleisch, einfach, weil es mir nicht so schmeckt. Ich finde auch, das man sich zum Essen zeit nehmen soll, es ist toll nach einem anstrengenden Tag als Familie am Tisch zu sitzen und gemeinsam zu Essen. Vor allem vermittelt es einem Kind Werte die es fürs weitere Leben behalten soll. Und zu dem Thema alleine kochen – ich koche auch wenn ich mit Jake alleine bin, ich finde, dass es selbstgemacht einfach besser schmeckt und da nehm ich mir auch die Zeit :) Ein sehr toller Post! :) 

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