Kindereien Life

Liebe Eltern, Gadgets sind nicht “pfui”

8 Jan ’13

Oft fragen mich Leute, wie man das eigentlich mit Kindern handhabt, wenn es um Fernsehen oder andere Bildschirmaktivitäten geht. Nun, es ist schwierig, Kinder vor diesen Dingen abzuschirmen. Das ist zumindest meine Ansicht. Und ich denke, dass das auch gar nicht nötig ist, sondern glaube, dass das sogar ganz schlecht ist. Dabei erinnere ich mich immer wieder an Zeiten zurück als ich noch ein Kind war. Ich erinnere mich dabei vor allem an Kinder aus der Umgebung, die zuhause nicht fernsehen durften und bei uns fast in ein Fernseh-Koma fielen, wenn sie das Wohnzimmer betraten. Stundenlang wollten diese Kinder nichts Anderes machen als in diesen Kasten zu schauen (damals wars ja noch ein Kasten). Ähnlich war es übrigens mit Kindern, die zuhause keinen Saft oder keine Süßigkeiten bekamen, aber das ist ein anderes Paar Schuhe.

“Pfui”

Jedenfalls finde ich es gut, wenn man Kindern nicht das Gefühl gibt, dass der Fernseher oder andere Geräte etwas Schlechtes oder Abzulehnendes wären. Im Gegenteil: Kinder sehen tagtäglich an Menschen, dass die da an irgendwelchen Sachen herumdrücken und fragen sich, was das ist und wie es ist. Ihnen zu erzählen, dass das “pfui” ist, halte ich für eine ziemlich dumme Idee. Ausprobieren geht schnell und die Kleinen haben den Dreh heraus. Die Hilfe der Eltern werden sie irgendwann dafür nicht brauchen, aber den Umgang mit diesen Dingen werden sie vermutlich ohne Eltern kaum erlernen. In vorigen Generationen mag das vielleicht noch anders gewesen sein, aber da war die Welt noch nicht so massiv digitalisiert wie heute. Auch ich hatte einen GameBoy und einen Fernseher und obwohl meine Eltern damit nichts anfangen konnten und uns relativ liberal damit in Ruhe gelassen haben, wäre dies aus heutiger Sicht kaum möglich.

Eigenen Konsum reflektieren

Wie bei vielem im Leben sollte man sich da persönlich – und dem Kind – allerdings Grenzen setzen. Diese abzustecken ist oftmals schwierig, weil man diese Dinge im Leben mittlerweile als so selbstverständlich ansieht, dass man oft gar nicht merkt, was da genau passiert. Deshalb sollte man auch über seinen eigenen Konsum reflektieren und Auszeiten schaffen. Und weil ich selber nicht so genau gewusst habe, wie das zu schaffen ist, brachte mich eines Tages irgendwo in einem Blog eine Frau auf die Idee, ihre “Regeln” nachzuahmen. Und ich finde die Idee wirklich gut.

It’s Screen-Time!

Die Idee basiert darauf, dass ein Kind nicht unbedingt “fernsehen” oder “XBOX spielen” muss/kann, sondern es frei entscheiden kann, was es macht. Beispielsweise halte eine halbe Stunde “Screen-Time” am Tag (unter der Woche) für eine angemessene Zeit. Dabei kann das Kind aber entscheiden was es macht. Beispielsweise 15 Minuten Fernsehen und später noch 15 Minuten Nintendo DS spielen. Was nicht genutzt wird, verfällt. Am Wochenende kann diese Zeit erweitert werden und diese Erweiterung ist gar nicht so schlecht, denn die Kinder bekommen so das Gefühl, dass unter der Woche aufgrund der Schule etwas andere Regeln gelten als an freien Tagen. Wenn die Kinder älter werden, so zwischen 10 und 12, kann man die Screen-Time statt auf ein Tages-Limit auf ein Wochen-Limit ändern und das Kind sucht sich selber aus, wann es was macht. Beispielsweise kann man dem Kind 10 Stunden Screen-Time pro Woche geben und die Auswahl liegt beim Kind, sodass auch an einem Tag mal drei Stunden gespielt werden können, dann bleiben für den Rest der Woche allerdings nur noch weniger Stunden übrig – was einem Kind relativ schnell klar wird. Auch hier verfällt das nicht genutzte Guthaben von einer Woche auf die andere. Dass ein Kind dann womöglich fünf Stunden XBOX spielt (natürlich mit einem altersgerechten Spiel) muss man dafür in Kauf nehmen. Durch die Selbstregulierung sollte sich das allerdings ohnehin nicht zu oft wiederholen, davon bin ich felsenfest überzeugt.

Das ist pfui!

Ausnahmen kann man immer wieder mal machen und ich finde, dass man das auch unbedingt tun sollte. Wenn man unterwegs ist oder irgendwo ist, wo es interessante Gadgets gibt, sollte man die Neugier nicht unbefriedigt lassen. Auch ein guter Film im Kino muss nicht unbedingt in die Screen-Time mit eingerechnet werden. Wogegen ich mich ausspreche ist ein eigenes Fernsehgerät im Kinderzimmer oder die völlig unkontrollierte Nutzung von Konsolen. Ich denke, dass ein 8-Jähriger nicht unbedingt “Modern Warfare 3” spielen muss. Es soll ja auch Eltern geben, die ihren Kindern so etwas kaufen, obgleich sie wissen, worum es sich handelt.

Ein Geheimrezept gibt es vermutlich nicht, aber ich finde diesen Ansatz ganz brauchbar und denke, dass er sehr variabel ist und auch an jede Entwicklungs- und Altersstufe angepasst werden kann.

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2 Comments

  • Reply Marko Zlousic 8 Jan ’13 at 22:22

    Hey… finde den Zugang ganz spannend, zur Selbstregulierung/-verantwortung zu greifen. Ich kann mir ganz gut vorstellen, dass das funktionieren kann.
    Mir stellt sich jedoch gerade die Frage: Ab wann funktioniert das tatsächlich? Man wird damit nicht sehr früh anfangen können. Das Kind wird aber trotzdem frühzeitig die Bildschirme “nutzen” wollen. >> Dementsprechend könnte der Zeitraum problematisch werden, den man überbrücken muss, bis das Kind tatsächlich in der Lage ist, die Screentime-Logik zu verstehen…

    • Reply iwonaw 8 Jan ’13 at 22:44

      Ich finde, dass man damit ab dem Schuleintritt anfangen kann. Vorher muss man das anders machen. Aber dafür gibt es ebensowenig ein “Rezept”. Ich hab es immer intuitiv gemacht.

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