Blogtechnisches Netzleben

12 Jahre – Wie das Bloggen sich und mich verändert hat

11 Nov ’13

Ich kann mich erinnern als ob es gestern gewesen wäre: Vor einem hässlichen alten Rechner, der knarrt und komische Geräusche macht, sitze ich als 15-Jährige im Dunklen am Abend und schreibe. Ich schreibe lange Beiträge über mich, über meine Gedanken und darüber, was mich bewegt. Die DSL-Leitung, die gerade erst dazu geführt hat, dass ich unbegrenzt lange das Internet nutzen kann, ist ein Segen.

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Vor zwölf Jahren dachte ich: Das Bloggen ist nur ein vorübergehender Trend. Mit 27 poste ich immer noch Bilder von mir und meinem Leben ins Netz. Warum?

Zwölf Jahre ist es schon her, dass ich meinen ersten Blog ins Leben gerufen habe. Und seitdem ist viel passiert. Damals hatte ich kein WordPress, kein selbst gehostetes Blog oder gar einen Webspace. Nein, ich griff auf fertige Lösungen zurück. Eine meiner ersten Erfahrungen mit einer Blogger-Community machte ich bei 20six, einem deutschen Blog-Anbieter, der in seiner damaligen Form gar nicht mehr existiert. Schön war das damals, ein kleiner Kreis von Bloggern, die sich kannten und gegenseitig gelesen haben. Ich habe damals hauptsächlich über Persönliches geschrieben. Gedichte, kurze Geschichten, persönliche Erlebnisse, Gedanken. Dinge, über die ich heute nicht mehr so frei schreiben könnte. Ich habe große Blogger gesehen, als sie noch ganz klein waren und mittlerweile Medienmenschen mit eigenen Verlagen sind  (zum Beispiel Spreeblick). Das Internet hat sich verändert, das Bloggen ist nicht mehr das Gleiche. Und ich auch nicht.

20six wurde geschlossen und ich hatte dann lange Zeit Zuflucht bei Twoday. Es ging weiter mit den persönlichen Erlebnissen, doch die Unmenge an Blogs, die täglich neu dazu kam, hat mich erstaunt und manchmal überfordert. Es war schier unmöglich, all diesen Menschen zu folgen, ihre Gedanken zu lesen und sie alle zu abonnieren. Ich habe begonnen, auszuwählen. Vielen bin ich viele Jahre gefolgt. Viele davon haben schon lange mit dem Bloggen aufgehört. Einige sind geblieben, doch auch sie haben sich verändert. Weiter ging es dann mit einem eigens gehosteten Blog, zuerst bei einem Bekannten, dann bei einem kommerziellen Anbieter.

Klar, mit der Zeit verändert man sich, man wird reifer, man interessiert sich für andere Themen, man hat andere Bedürfnisse und legt auf vieles keinen Wert mehr. Der Blog ist eine Konstante, die seit vielen Jahren in meinem Leben existiert. Ich schreibe nicht immer regelmäßig und ich habe nicht ständig den Mut, das zu sagen, was ich möchte, aber am Ende ist der Blog mein virtuelles Zuhause. Hier kann ich machen, was mir gefällt. Ich komme hierher zurück. Trotz Twitter, trotz Facebook. Manchmal reichen nicht 140 Zeichen oder mehrere Hundert “Freunde”. Manchmal muss man etwas in die Weite des Internets schreien. Sei es, um einfach gehört zu werden oder sei es, um es einfach zu sagen, weil es raus muss.

Was sich wohl am meisten verändert hat, ich beobachtet habe und auch immer wieder von anderen Bloggern höre: Man macht sich mehr Gedanken darüber, was man bloggt. Ich will mir aber eigentlich keine Gedanken machen. Es ist nicht so wie früher, dass man einfach bloggt, weil man gerade Bock darauf hat, über etwas zu schimpfen oder einfach mal ein paar Zeilen zu einem Thema loszuwerden. Es gibt auch einen gewissen Druck, der über einem schwebt und unbewusst immer da ist. Auch wenn man sich dagegen wehren möchte. Soll ich das jetzt wirklich schreiben? Wie wird das wohl ankommen? Was werden die Bloggerkollegen sagen? Wie wird die Community darauf reagieren und verbau ich mir als Blogger damit irgendwelche Chancen, in Zukunft für irgendwas in Erwägung gezogen werden zu können? All diese Fragen will man sich als Blogger nicht stellen, aber man tut es unbewusst doch. Was ist da passiert? Es ist die Kommerzialisierung von Blogs, des Persönlichen, das so starken Einzug gehalten hat, dass man sich kaum dagegen wehren kann. Es ist eine großartige Chance für viele und ich kenne einige, die durch dieses Hobby zu einem Job gekommen sind. Viele können sogar davon leben und ich wünsche jedem Menschen auf dieser Welt das Allerbeste, wenn er das macht. Ich bin auch ein großer Fan davon, dass es so einfach ist, einen Blog aufzusetzen, sein eigenes virtuelles Refugium herzustellen. Aber ein bitterer Beigeschmack bleibt bei mir bei diesen Erfolgsgeschichten trotzdem. Nicht, weil ich neidisch bin, sondern weil mit jeder dieser Geschichten ein Teil meines 15-jährigen Ichs stirbt.

Ich denke dann immer zurück an die Zeit im elterlichen Heim, als ich abends vor meinem Blog saß und etliche Zeilen füllte. Und die kleine Community sich noch in den Kommentaren darüber unterhielt, man teilweise tagelang ein Thema bearbeitet hat und sich E-Mails schrieb und sich gegenseitig ernst nahm. Ich habe in den zwölf Jahren viele tolle Menschen kennengelernt, ich habe vieles gesehen und habe dadurch viele Chancen ergriffen. Ich habe gelernt was es heißt, Wissen und Information mit anderen zu teilen. Ich habe gelernt, wie man einen Blog nutzen kann, um etwas in Bewegung zu bringen. Ich habe aber auch viel über mich selbst gelernt und vor allem habe ich gelernt, dass ich eigentlich nur das schreiben möchte, was ich wirklich will. So ganz ohne Verpflichtung. Nur für mich. Und für die, die es interessiert.

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1 Comment

  • Reply Tasmanian 12 Nov ’13 at 01:56

    Ach ja 20six, das waren noch Zeiten. ;)

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