Interessantes u. Spannendes Life

Der Wiener Einheitsbrei

5 Jan ’15

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Seit vielen Jahren wohne ich in der Nähe der Alser Straße. Jetzt innerhalb des Gürtels, also ganz nah, früher auf der anderen Seite, aber immer einen Katzensprung entfernt. Ich kenne diese Straße wie das Innere meiner Westentasche, da ich, wenn schon nicht direkt dort, immer zumindest auf vielen meinen Wegen durchfahre. Fast täglich.

Die Alser Straße hat einen großen Vorteil: Sie ist zwar einkaufstechnisch ob ihrer Größe nicht so erwähnenswert wie die MaHü oder die Kärntner Straße, hat aber aufgrund ihrer Nähe zum alten AKH eine tolle Lage. Nach dem Einkauf schnell noch einen Kaffee im Park trinken oder in der Gastwirtschaft sitzen, während die Kinder am Spielplatz spielen. Die Verkehrsanbindung ist gut und man ist fast mitten in der Stadt, immerhin ist schon einige Meter weiter der erste Bezirk.

Leider ist meine Wunschvorstellung von so einer Straße aber eine völlig gegensätzliche zu der realen: Statt individueller netter und attraktiver Läden herrscht hier der absolute Wahnsinn, der sich sogar noch über den Gürtel hinaus auf die Hernalser Hauptstraße zieht. Ja, ich möchte sogar meinen, dass der Hernalser-Hauptstraßen-Effekt auf die Alser Straße übergeschwappt ist und möchte euch das näher veranschaulichen.

Bis vor etwa über einem Jahr gab es auf der Alser Straße an der Ecke zur Pelikangasse ein sehr nettes Geschäft, dessen Namen ich – wie auch bei den restlichen – aus rechtlichen Gründen nicht nennen werde. Es gab dort so tolle Sachen. Ich war regelmäßig dort: Spiele, Spielzeug, Papeterie, Büroartikel etc. Viel bessere Auswahl als bei der Konkurrenz, es gab regelmäßig Aktionen und die Preise waren spitze. So spitze, dass ich echt viel dort gekauft habe, obwohl ich eine Internet-Bestellerin der Sorte Hardcore bin. Leider hat das Geschäft zugesperrt, unter der Hand hat mir eine Verkäuferin auf meine Nachfrage von finanziellen Schwierigkeiten erzählt. Schade, dachte ich. Es war das erste mal überhaupt, dass ich richtig traurig darüber war, dass ein Laden dicht macht. Für Spielzeug gibt es für mich jetzt überhaupt nur noch zwei mögliche Orte in Wien.

Ein paar Monate später eröffnete im frei gewordenen Geschäftslokal eine Drogerie. Kein Wunder, dachte ich. Die absurden Mietpreise in dieser Lage können sich wohl nur noch Konzerne leisten. Was mir damals aber komisch vorkam und worüber ich mich bis heute wundere: 200 Meter weiter, auf der selben Straße, nur auf der anderen Seite, ist das gleiche Geschäft.

Diese Absurdität hat auf der Alser Straße Tradition. Es gibt auf den wenigen Hundert Metern, die diese Straße hat, denn mehr sind es nicht, zwei Drogerien eines Konzerns, zwei Drogerien eines anderen Konzerns, zwei Lebensmittelgeschäfte eines Konzerns und dazwischen ein paar andere Riesen. Die Kleinen sterben aus und werden zunehmend durch die Goliaths ersetzt. Im Unterschied zur Hernalser Hauptstraße gibt es hier allerdings nur ein Wettcafé. Das ist aber auch schon das einzig Positive.

Die ehemalige Niedermeyr-Filiale steht übrigens seit Jahren leer und ist nur noch interessant für Sprayer. Die Trafik neben der Apotheke hat vor kurzem dicht gemacht, aber kein Wunder, denn innerhalb von 150 Metern gibt es zwei andere.

Die einzig attraktiven sind ein Schokoladen-Geschäft, ein Blumenhändler und ein Buchladen. Die anderen wechseln alle paar Monate den Besitzer. Mal ist es Kinderbekleidung, mal Schmuck, mal Haarentfernung, mal Lachs (ja, wtf).

Ich hätte mir jedenfalls statt dem Einheitsbrei mal etwas anderes gewünscht. Aber etwas, das dann auch mal länger bleibt. Wünschen wird man sich sowas ja wohl noch dürfen. Auch wenn es unrealistisch ist.

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7 Comments

  • Reply latella 5 Jan ’15 at 06:13

    Sehr schade um das Papier und Spiel Hausmann, dort hab ich auch gern eingekauft, leider hat er fast alle Wiener Filialen zugemacht: http://www.leder-hausmann.at/filialen/wien/

    Aktuell gibt es noch: http://www.leder-hausmann.at/filialen/

    Interessantes zu dem Grätzel, abseits der Läden: http://austria-forum.org/af/Wissenssammlungen/Alsergrund/Im%20Klinikviertel

  • Reply Martin Harauer 5 Jan ’15 at 11:00

    Ich kenne die Alser Straße ebenfalls, weil ich mein Büro in der Universitätsstraße habe. Mir sind auch diese Anhäufungen an Filialen der selben Ketten aufgefallen. Wir haben auch schon im Büro darüber gerätselt, aber keiner hatte eine Erklärung.
    Was es auch oft gibt, sind Schuhgeschäfte.
    Das von dir erwähnte Papier- und Spielzeuggeschäft kannte ich nicht. Ich kenne den oberen Teil, ab der Post, nur vom vorbeifahren mit den Öffis. Den unteren Teil kenne ich besser, da ich dort auch des öfteren zu Fuß unterwegs bin.
    Ich hoffe auch für uns, dass wir wieder einen interessanten Mix an Geschäften bekommen und er sich auch halten kann.

  • Reply Eva Schofnegger 5 Jan ’15 at 14:12

    Ja, wirklich schade – der Hausmann war toll! Blumen Tina, der Bäcker Schwarz, das Schokogeschäft und der Krejcik sind es auch! :)
    Leider geht es auch weniger erfreulich weiter – denn angeblich soll in der ehemaligen Niedermeyer FIliale ein Zielpunkt eröffnen….ggg – also soviel dazu.. :D
    Zu den sich doppelt anhäufenden Drogeriemärkten und anderen Ketten fällt mir nur die Theorie ein, die auch die Problematik beim Parkpickerl mit sich bringt – und zwar bildet die Alser Straße ja die Grenze zwischen dem 8ten und 9ten Bezirk. Vllt werden Ketten ohne sinnvolle Überlegung und Verstand einfach nur aufgrund ihrer Quoten und Auflagen die sie zu erfüllen haben eröffnet. Vllt muss es einfach ne gewisse Anzahl an Läden in jedem Bezirk geben u da wird dann womöglich auch nicht wirklich überlegt wo diese hinplatziert werden – sonst würde es mich jedenfalls auch interessieren warum man auf geringstem Raum so viele Drogeriemärkte braucht…gg

    • Reply iwonaw 5 Jan ’15 at 14:33

      Woher hast Du denn die Info mit dem Zielpunkt?

      • Reply Martin Pi 5 Jan ’15 at 15:09

        Bitteschön:

        • Reply Eva Schofnegger 5 Jan ’15 at 15:15

          aja…dann hat mir der Trafikant doch kein Gerücht erzählt… ;)

  • Reply MissXoxolat 5 Jan ’15 at 16:24

    Ich war früher in der Albertgasse und dann in der Feldgasse im Gymnasium, ich kenne die Alserstraße deswegen schon sehr lange – und auch die Veränderungen, die es seit dem Ende meiner Schulzeit dort gegeben hat. Erst vor kurzem bin ich seit langem mal wieder mit der Straßenbahn durchgefahren und bin wirklich erschrocken!
    Leider ist diese Veränderung kein Einzelfall, gleiches konnte ich zB. auch auf der Wallensteinstraße im 20. beobachten.
    Ich denke aber nicht, dass es dort in Zukunft etwas anderes als den Einheitsbrei diverser Großkonzerne geben wird… Leider.

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