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Tag 11 – Ein Buch, das du mal geliebt hast, aber jetzt nicht mehr magst

11 Jul ’10

Als ich noch Kind, Pubertierender, Teenager, Jugendlicher war, begab es sich zuweilen, dass ich im elterlichen Heim in einem Schrank stöberte, der zur Endlagerung von Büchern verschiedenster Art diente: Geschichtsbücher, Sachbücher, Kinder- und Jugendbücher, die schon mein Vater gelesen haben musste, Romane, Konsalike. Bücher aus dem Familienbesitz, und Bücher, die noch den Stempel der Eisenbahnerbibliothek trugen. Etwa 15 Lebensjahre zählend stieß ich hier auf jenes Werk, über dass ich schreiben möchte: “Beweise. Lokaltermine in fünf Kontinenten”, geschrieben vom schweizer, ähem, sogenannten Prä-Astronautik-Forscher Erich von Däniken.

In von Dänikens Theorie geht es im wesentlichen darum, dass unser Planet in grauer Vorzeit mehrfach Besuch von Aliens erhielt, welche die Menschheit durch künstliche Mutation schufen und unsere Vorfahren mit Intelligenz ausstatteten. Dabei hinterließen sie Spuren, die zur Bildung sämtlicher bekannter religiöser Mythen führten. Unter anderem besteht, nach Meinung von Dänikens, auch die Bibel zum Teil aus “Reportagen” über außerirdische Aktivitäten. Folgendes Zitat aus dem Neuen Testament soll beispielhaft zeigen, wie einfach Stellen mythischer Literatur mit UFO-Aktivitäten in Verbindung gebracht werden können: “Als der Pfingsttag gekommen war, geschah ein Brausen vom Himmel und sie wurden von dem heiligen Geist erfüllt.” (Apostelgeschichte 2, 1-4).

Es ist nun schon gute 20 Jahre her, dass ich das Buch zum letzten mal las, und man möge mir verzeihen, dass ich mir ein weiteres Studium der Prä-Astronautik-Theorie erspare und den Inhalt daher nicht mehr im Detail wiedergeben kann. Kurz umrissen: In “Beweise” versucht der gute Erich Behauptungen aus seinen ab 1969 erschienen Büchern und sonstigen Publikationen durch extraterrestrisch anmutende Überlieferungen, Kunstwerke, Bauwerke oder ähnlichem zu untermauern. Frei nach dem Motto: “Die Götter waren Astronauten”. Eine inhaltliche Rezension enstpräche aber ohnehin weder der Vorgabe noch dem Ziel dieses Beitrages, vielmehr möchte ich verständlich machen, weshalb ich ein solches Werk einstmals liebte, bzw. zumindest besonders gern mochte.

Ich wurde nicht streng katholisch erzogen, wuchs aber in einem vom Katholizismus geprägten Umfeld, in einem kleinen Wein- und Ackerbauörtchen im westlichen Weinviertel Niederösterreichs, auf. Als ich mir “Beweise” erstmalig einverleibte, hatte ich zwar meinen kindlichen Glauben bereits abgelegt, war aber noch weit davon entfernt, ausschließlich rationale Erklärungen zu Themen wie “das Leben, das Universum und der ganze Rest” zu suchen. Und ich war zu wenig abgebrüht, um die “Woher-kommen-wir-und-wohin-gehen-wir”-Frage als wenig relevant, weil mangels Fassbarkeit durch den menschlichen Verstand nicht beantwortbar, abzuhaken.

Also kam mir die dänikensche Theroie gerade recht: Ein neuer, von mir zuvor nicht gedachter Erklärungsansatz einerseits, ein Fundus an brauchbaren Argumenten für Religions- und Daseinsdiskussionen mit blindgläubigen Zeitgenossen andererseits. Ich erhob dies Buch zu meiner neuen Bibel und trug die Lehren fortan in die Welt. Kaum wurde in durchzechten Nächten das Kapitel “Gott und die Welt” aufgeschlagen, konterte ich mit prä-astronautischen Totschlag-Phrasen, die ich mir zuvor beim mehrfachen Studium des Werkes “Beweise” zurechtzimmerte und die sich im Disput sowohl mit Gläubigen wie auch mit Atheisten als brauchbar erwiesen.

Warum ich dieses Buch nun nicht mehr mag, ist leicht erklärt: Relativ schnell schwante mir, dass von Dänikens “Beweise” nicht wirklich wissenschaftlich fundiert sind, sondern er willkürlich Indizien zur Untermauerung seines Postulats sucht, herauspickt, zurechtbiegt; wobei er selbst nach wie vor felsenfest an seine Theorie glauben dürfte. Vom Himmel kommende oder gen Himmel aufsteigende Götter und Propheten kommen zwar in fast allen Religionen vor, egal ob noch praktiziert oder bereits in die Geschichte eingegangen. Dies deutet aber eher darauf, dass die Autoren voneinander abschrieben, als dass dieser “rote Faden” durch die verschiedensten Myhologien als Beweis zur Richtigkeit der Prä-Astronautik herhalten darf. Und ein gekrümmter Strich in einer Felsenzeichnung oder ein seltsames Ornament an einer Tempelsäule sieht gleich mal nach einem Flugkörper aus.

Völlig unbeantwortet bleibt auch die Frage nach den Schöpfern der Schöpfer, also den Prä-Prä-Astronauten; diese Frage wird auch nicht durch die hanebüchensten Argumentationen Erich von Dänikens beantwortet. Er schiebt das Problem bloß um einen Planeten weiter.

Außerdem ist diese ganze Prä-Astronautik-Geschichte, rational betrachtet, ziemlicher Bullshit, man wird sehr schnell für einen Spinner gehalten, wenn man sich zu sehr auf Theorien wie jene von Erich von Däniken einlässt. Und das völlig zu Recht. Damals war ich noch nicht volljährig, somit kann ich meine damalige Haltung auch vor mir selbst rechtfertigen und pardonieren. Mittlerweile bin ich zum Agnostizismus konvertiert und beschäftige mich lieber mit Dingen, die beeinflußbar, und damit relevant sind. Mein Leseverhalten hat sich sehr schnell dieser Wandlung angepasst, und das ist gut so.

Das Buch:
“Beweise. Lokaltermin in fünf Kontinenten”
Erschienen 1977 im Heyne-Verlag, München
Autor: Erich von Däniken (geb. 1935 in Zöfingen, Schweiz)
ISBN 3-453-00907-X


Johannes Steiner, geboren 1973, wohnt in Wien und arbeitet im E-Marketing eines österreichischen Konzerns. Er twittert als @JuanesSteiner und betreibt mit Online-Redaktion.at eine blogähnliche Seite, die aber nur sehr selten mit Updates bedacht wird. Aber er schreibt ab und an schon mal gerne was in dieses Internet.

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2 Comments

  • Reply Tweets that mention Tag 11 – Ein Buch, das du mal geliebt hast, aber jetzt nicht mehr magst | ivy machts net -- Topsy.com 11 Jul ’10 at 12:27

    […] This post was mentioned on Twitter by Iwona W., Johannes Steiner. Johannes Steiner said: auch ich las und schrieb … RT @iwona_w Tag 11 von @JuanesSteiner in der Reihe “31 Tage – 31 Bücher”: http://bit.ly/aUcDta #3131 […]

  • Reply Mein Beitrag zum Blogprojekt “31 Tage - 31 Bücher” | Online-Redaktion 11 Jul ’10 at 20:22

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