Life

Das Karenz-Loch

27 Feb ’15

Seien wir uns alle ehrlich, die wir Kinder haben: In Karenz zu gehen ist zwar eine Zeit lang wirklich super, weil man viel Zeit mit seinen Kindern verbringen kann – gerade die wichtigste Zeit -, aber nach einiger Zeit fühlt man sich beruflich total abgeschotet. Und nicht nur das: Man wird etwas unkreativ. Ich ertappe mich dabei, in eine Art Karenz-Lethargie zu verfallen, die zwar nichts mit Faulheit aber mit Resignation zu tun hat. Ich sage nicht, dass ich resigniert habe, aber man nimmt sich oft anfangs so viel vor und am Ende macht man gar nichts davon, weil es einfach die Zeit nicht erlaubt. Die. Zeit. erlaubt. es. nicht.

Das ist so, das können wir alle einfach zugeben, denn Zeit ist etwas, das man mit Kindern wirklich vermisst. Zeit für sich selbst, Zeit für die vielen Ideen die man hat. Man will schon längst etwas schreiben, einen Film schauen oder ein paar E-Mails beantworten. Und manchmal schafft man es zwischendurch, aber gerade mit kleinen Kindern ist man abends wirklich richtig fertig und will sich dann eigentlich wirklich nur noch kurzfristig passiv berieseln lassen. Entweder etwas lesen oder eine Serie schauen. Man kann noch so eingespieltes Team sein und vom Partner oder der Partnerin Unterstützung erfahren, aber im Endeffekt muss man da wirklich alleine durch und manchmal ist es nicht einfach.

Sprechen wir nicht über Schlafmangel, denn das wurde schon oft gesagt. Sprechen wir doch mal über die intellektuellen Herausforderungen, die einem im Alltag fehlen, wenn man sich von Babyschwimmen zum Elternbesuch hantelt. Und mir fehlt vor allem eines: Die Gespräche mit anderen Erwachsenen. Das klingt vielleicht blöd, aber ich rede irrsinnig gerne und ich unterhalte mich sehr gern mit anderen Menschen. Und in der Arbeit als auch in meiner Freizeit bin ich eine absolute Netzwerkerin. Aber man fühlt sich trotz vieler Kontakte eine Zeit lang etwas isoliert. Weil man bei vielem nicht mehr “dabei” ist.

Das Karenz-Loch ist aber keine Depression, sondern eine Art Winterschlaf für die Seele. Man tut sich etwas schwer, in die Gänge zu kommen, aber die Motivation für Projekte ist trotzdem da. Man will ja eh. Aber man weiß auch, dass es eine Zeit ‘danach’ geben wird. Kinder werden größer, selbstständiger, ruhiger. Man sollte die Karenzzeit also auch dazu nutzen, sich Ideen für die Zukunft zu überlegen.

Das Gute als auch Schlechte an der Sache ist, dass es nur eine kurze Pause ist. Was ist ein Jahr oder was sind zwei Jahre im Vergleich zum Rest des Lebens? Danach geht’s wieder normal weiter, wenn auch mit Einschränkungen. Die Zeit, in der man außer Kinder hüten noch was anderes Produktives macht, genießt man richtig – auch wenn es stressig ist. “Zur Erholung ins Büro gehen”, sag ich immer. Aber spontan nach der Arbeit was trinken gehen ist halt Organisationssache – aber eigentlich einfach zu bewältigen. Man ist einfach nicht mehr so egoistisch und das tut richtig gut.

Diese Freiheiten, die man aber dafür teilweise aufgibt und die in unserer Gesellschaft manchmal wichtig sind, müssen es einem wirklich wert sein. Und das ist es auch. Aber ich verstehe, warum viele Menschen davor Angst haben. Weil es wirklich ein harter Job ist. Es ist ein schwieriger Job, aber er kann mit Geld nicht aufgewogen werden. Ein Job, in dem man viele Fehler macht. Man macht die Fehler immer wieder, aber man liebt den Job trotzdem. Man muss lernen, seine Gefühle in Zaum zu halten und Gefühle nicht zu verletzen. Man wird nie perfekt sein darin, aber man will es auch nicht.

Man lernt zwischenmenschlich sehr viel. Man lernt seine eigene Kindheit viel besser zu reflektieren und fängt an vieles zu verstehen. Aber es ermüdet auch und macht einem manchmal zu schaffen.

Wir müssen aber auch alle ehrlich zueinander sein. Überall ist das Thema Kinderwunsch versus Kinderlos zu lesen und mir kommt manchmal vor, dass beide Seiten gegeneinander ausgespielt werden. Aber wozu? Können wir in einer toleranten Gesellschaft die Wünsche, Entscheidungen und Lebensmodelle anderer Menschen nicht einfach akzeptieren? Warum muss alles immer ein “Entweder – oder” sein? Ja, Kinder sind toll. Aber sie sind auch kleine Monster, die einem sehr viel Kraft und Energie kosten. Klar sind sie das. Aber man liebt sie und würde vermutlich nicht mehr tauschen wollen. Aber wenn man sie erst gar nicht will, ist das doch okay.

Und um meine Ausschweifungen zu beenden, möchte ich noch etwas Positives sagen: Die Karenz bietet die Möglichkeit, sehr intensiv darüber nachzudenken, wie es weitergehen soll. In vielerlei Hinsicht. Das sollte man wirklich auskosten.

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