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Tag 6 – Ein Buch, das du nur einmal lesen kannst

6 Jul ’10

Im ersten Moment denkt hier wohl jeder an Bücher der Gattung Spannungstreiber. Denn weiß man erst einmal, dass der sympathisch wirkende Milchmann auf der nächsten Seite den geliebten Ehemann auf dem Gewissen hat, ist irgendwie die Luft raus. Aber dennoch lesen, ja verschlingen, viele ihre (gutgeschriebenen) Kriminalromane mehrmals.

Muss ich also anders ansetzen. Ich hatte gehofft durch den Autor des fünften Tages dieser Rezensionsserie („Ein Buch, das Du immer wieder lesen kannst“) einen Denkanstoss in die richtige Richtung zu bekommen. Aber es kommt ja bekanntlich erstens immer anders und zweitens als man denkt.

Da ich die Idee dieses Projektes sehr schön finde und mir jetzt sowieso selbst überlegen muss, was genau den Unterschied zwischen „immer wieder“ und „einmal reicht“ ausmacht, seid Ihr alle herzlich willkommen meinen Gedanken hierzu zu folgen. Denn eines ist schon jetzt klar: Die Entscheidung für oder gegen das erneute Lesen eines Buches hat nur wenig mit dem Stil des Autors zu tun. Ich würde sogar behaupten, der Inhalt ist irrelevant.

Ein Buch, das ich mehrmals lese muss von Kurzweil geprägt sein. Es soll mich mit auf eine kleine Reise in seine eigene Welt entführen. Zum Nachdenken animieren aber bitte nicht zu philosophisch werden. Ein bisschen, wie eine Städtereise.

Ideale Autoren für solche Anlässe sind Christian Kracht (zB. „Faserland“) und Max Goldt (zB. „Ein Buch namens Zimbo“). Sämtliche Werke beider Autoren kann man zweifelsohne mehrfach lesen. Man sollte sogar. Denn auch wie bei Städtereisen (ja, der Vergleich gefällt mir) empfindet man dank raffinierter Wortwahl jedes Mal ein bisschen anders, stößt auf etwas Neues.

Bücher bei denen man zum Wiederholungstäter wird sind also sozusagen die Städtereisen der Aviophobiker. Dann sind Bücher, die man nur einmal lesen kann quasi der Jakobsweg. Lang, anstrengend, vollgestopft mit Erfahrungen und Erkenntnissen. Toll, es einmal getan zu haben, aber ein zweites Mal muss nun wirklich nicht sein.

Ein Buch, dass ich immer wieder gerne empfehle ist ein Mix aus Roman und Augen öffnendem Lehrbuch, welches ich aber trotz brillanter Recherche und fesselnder Schreibweise wohl nie ein zweites Mal lesen werde. „Eine Billion Dollar“ von Andreas Eschbach. Geschrieben 2001, beginnt es 1995 und schafft es so, durch eingearbeitete, reale Geschehnisse mit dem Plot die Grenzen zwischen Fakt und Fiktion verschwimmen zu lassen.

Ausgangspunkt ist New York, wo der junge italienische Pizzabote John Fontanelli von einem ihm zuvor unbekannten Verwandten erfährt, dessen Vermögen er nun erben soll: $ 1.000.000.000.000, vor fünfhundert Jahren über eine loyale Kanzlei in Italien angelegt und bewacht, um es nun dem jüngsten Nachkommen zu vermachen. Durch Zins und Zinseszins ist über die Jahrhunderte eine mehr als stattliche Summe angewachsen. Der Haken: Der Erbe darf das Geld nicht verprassen, sondern soll mit Hilfe des Vermögens der Menschheit ihre verlorene Zukunft zurückgeben. Fontanelli jedoch hat aber nun so gar keine Ahnung von allem, was auf der Welt passiert und schon gar nicht von der (Un-) Macht des Geldes, das er grade geerbt hat.

So geht der Leser mit dem unwissenden Pizzajungen auf eine lehrreiche Reise über Armut, Geld, Politik, Freunde und natürlich die Liebe – welche allesamt manchmal mehr miteinander zu tun haben, als einem lieb ist…

Trotz einer genialen Geschichte für Jedermann, schön herausgearbeiteten Figuren und einem beim Lesen von allein entstehendem Wissensdrang – einmal mitfiebern und selbst Theorien zur besten Verwendung der Billion Dollar aufstellen ist genug. Denn man weiß einfach schon, wie es sich anfühlt vom Mammon immer wieder aufs Neue um jeden Lichtblick betrogen zu werden; was schlussendlich leider traurig stimmt.

Ein zweites Mal lesen würde ich dieses Buch also sicher nicht.

Aber das eine Mal war toll. Bis zur letzten Seite.


Geschrieben von Olivier d’Escoffier, geboren in den New York, dann mit der Familie nach Deutschland an den Bodensee gezogen. Inzwischen studiert er in Wien Betriebswirtschaftslehre.

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1 Comment

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