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Tag 9 – Das erste Buch, das du je gelesen hast

9 Jul ’10

Rezension
“Bravo Kasperl”
“Eine lustige Geschichte für ABC-Schützen”
von Vera Ferra-Mikura
Gezeichnet von Emanuela Delignon

Für Blog “31 Tage, 31 Bücher”

Das vorliegende Büchlein könnte mein erstes gewesen sein. Wobei, seien wir ehrlich, wer kann mit Fug und Recht sein wirklich allerallerallererstes Buch aus dem Stegreif benennen und den Inhalt aus dem Gedächtnis wiedergeben? Eben!

Ich habe in den alten Büchern meiner Kindheit gesucht. Viele gab es nicht mehr. Beinahe hätte ich mich für das Buch “Die schwarze Grete” entschieden. Darin wird das zauberhafte Abenteuer einer alten Dampflokomotive und ihrer Besatzung erzählt. Die gemalten und dazupassenden Bilder sind allerherrlichst. Überhaupt, diese Zeichnungen, diese Bilder, die den Text unterstützen (ich glaube, damals war es bestimmt umgekehrt), dringen tief in das Unbewusste und wenn man nach vielen Jahren (wer es genau wissen will, ich schätze, dass ich das Kasperl-Buch vor rund 35 Jahren aufblätterte) wieder diese Bilder sieht, diese Farben, dann kommen sie einem so vertraut vor, als würde man sie erst gestern das letzte Mal bestaunt und zum Leben erwecket haben.

Mein erstes Buch, das den Titel “Bravo Kasperl” trägt, handelt von, voilà, dem Kasperl. Jener Puppen-Figur, die von den Kinder so heiß geliebt wird. In diesem Buch sind die Kasperl-Puppen allesamt vermenschlicht. Und das Krokodil, die Frau Bissig (der “Original”-Kasperl der Wiener Urania, der hat passendere Namen für seine Puppenschar gefunden; heißt das Krokodil nicht Dagobert? Und gibt es da nicht auch einen Tintifax?), also, diese Frau Bissig beißt den armen Kasperl während einer Vorstellung versehentlich in den Arm. Dabei hat sie auch noch einen Zahn verloren, der nun im Arm des Kasperls steckt. Ojemine. Da ist guter Rat teuer, weil die Verletzung natürlich schmerzt und an weiteren Auftritten nicht zu denken ist. Zwar lüftet die Prinzessin kurzerhand ihren Schleier und verbindet damit die Wunde, trotzdem braucht unser Kasperl dringend ärztliche Hilfe. Gar nicht einfach, wo er doch aus dem Puppentheater so gut wie nie herauskommt. Aber dank der schlauen Hexe Wackelzopf, die ihm den Weg ins nächste Krankenhaus weist, ist die Lösung nahe.

Der gute Kasperl macht sich also auf den Weg und schlägt zuvor noch das Angebot der jungen Prinzessin aus, ihn zu begleiten (“Nein, Danke! Ich bin doch schon groß genug und kann allein gehen!”). Dass die Reise recht turbulent, sogar lebensgefährlich wird, sei an dieser Stelle natürlich verraten. Dass zu guter Letzt der Kasperl wieder seine Kinder begrüßen darf, auch das ist wohl keine Überraschung und erfreut das junge Leserherz. Weil schlussendlich die Kinder es selbst sind, die den Kasperl vor einem bösen Dieb retten, der ihn kurzerhand an den Meistbietenden verkaufen will.

Alles in allem kann ich das Büchlein nur empfehlen. Da ist von bösen Menschen und einer blutenden Wunde genauso die Rede, wie von einer hübschen Prinzessin und einem netten Onkel Doktor. Ende gut, alles gut. Ei, so schön kann das Leben sein.

Die Typographie hat mich aber beim Aufblättern förmlich erschlagen: ARIAL IN GROSSBUCHSTABEN. Vermutlich hat es mir als Kind nichts ausgemacht, ich hatte sowieso nur Augen für die Bilder. Und für lange Zeit sollte ich meine Bücher nach den verwendeten Zeichnungen und Illustrationen auswählen. Es brauchte seine Zeit, bis ich mich dann doch entschloss, auf die Bilder zu verzichten. Vielleicht mag es mit ein Grund sein, warum ich mit einem deutschen Cartoonisten eines meiner Bücher illustrierte. Die Kindheit steckt uns allen in den Knochen. Drum sollten wir umso vorsichtiger sein, wenn wir das nächste Mal den Kleinen ein Büchlein schenken.


über mich:

Richard K. Breuer ist Schriftsteller, Verleger, Buchdesigner und Luftschlossbesitzer. Er lebt und arbeitet in Wien, blickt auf die vorbeifließende Donau und freut sich, wenn der geneigte Leser einen Blick auf seine virtuelle Visitenkarte www.1668.cc oder seinen Notizblog www.1668cc.wordpress.com wirft.

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4 Comments

  • Reply Tweets that mention Tag 9 – Das erste Buch, das du je gelesen hast | ivy machts net -- Topsy.com 9 Jul ’10 at 11:30

    […] This post was mentioned on Twitter by Iwona W., Iwona W.. Iwona W. said: Ein sehr netter Beitrag für Tag 9 in der Reihe "31 Tage – 31 Bücher" von Richard Breuer: http://bit.ly/de2htT #3131 […]

  • Reply Seid ihr alle da? « richard k. breuer 9 Jul ’10 at 11:33

    […] Die „Rezension“ des Buches Bravo Kasperl ist nun online und kann hier gelesen werden: LINK – ich werde mir erlauben, den vollständigen Artikel in den nächsten Tagen auch hier einzustellen. […]

  • Reply (mad) 9 Jul ’10 at 13:08

    Ich versuche grad, mich selbst an mein erstes Buch zu erinnern, kann aber vor meinem 8. Lebensjahr nichts mit Sicherheit festmachen – diverse Bücher von Vera Ferra-Mikura oder Mira Lobe sind allerdings heiße Kandidaten. Wie auch immer: Den Kasperl hab ich genau wie du geliebt, und er kommt heute noch bei den Kids an wie eh und je, das seh ich grad bei meiner Tochter. Die Illus von Frau Delignon gefallen mir – ich lass mich bei der weiteren Lesestoff-Suche für meine Kleine davon inspirieren!

  • Reply Rik 9 Jul ’10 at 13:37

    Yep, Bernhard. Dei gute Ivy hat mir auch schon gesagt, dass der Kasperl bei ihrer Tochter ganz gut ankommt (vor allem das LIVE-Kasperltheater). Das ist schön :-)

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