Tag 23 – Das Buch in deinem Regal, das die wenigsten Seiten hat

“Reibungslos vollzog sich das Überschreiten der Zu- und Abfahrtsstrassen des Kommenden und des Verströmens.”

Was ist übrig von Gottfried Benn?

Sein Ruhm griff um sich wie eine Epidemie, schreibt Hans E. Holthusen im Nachwort zu “Weinhaus Wolf” (1937) und “Die Stimme hinter dem Vorhang” (1951), zwei kurze Texte, 26 bzw. 33 Reclam-Seiten, zu einem schmalen Buch zusammengefasst.

Sein Ruhm griff um sich bezieht sich auf die Zeit nach 1948, als der bennsche (Sprach-)Expressionismus angesichts der gerade überstandenen Weltkatastrophen noch einmal von einer Generation junger Leser wiederentdeckt wurde. Benns Texte passten zur nach dem Zweiten Weltkrieg weit verbreiteten Untergangsstimmung, zum Skeptizismus alle Ideologien betreffend.

Gottfried Benn (geb. 1886), ab 1912 schriftstellerisch tätig, Ausbildung zum Militärarzt, dann praktischer Arzt, Pathologe, Leiter der Pathologie eines gynäkologischen Krankenhauses, Schiffsarzt, Militärarzt im Ersten Weltkriegs. Dann Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten. Gottfried Benn, Pastorensohn und Nietzscherianer:

“Alle grossen Geister der weissen Völker haben, das ist ganz offenbar, nur die eine innere Aufgabe empfunden, ihren Nihilismus schöpferisch zu überdecken.”

Benn fühlte sich 1933-34 zu den Nationalsozialisten hingezogen. Fühlte sich dann wieder abgestossen, weil von den Nazis beschimpft und mit Schreibverbot belegt. Und war wieder Militärarzt.

Trotzdem und vor allem der Sprache wegen gehörte Benn (neben Kafka, Proust, Joyce, Musil, Nietzsche, Sartre, Camus, Bernhard, Celan, Trakl, Bachmann, Bayer, Rilke, Wittgenstein, Jandl und anderen; Hesse war nicht dabei!) in den 1980ern zu meiner literarisch-philosophischen Grundausstattung.

Benneinsteigern sei vor allem seine expressionistische Prosa “Gehirne” von 1916 empfohlen.

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BIO : mxfanta lebt und arbeitet in Östereich

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