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Tag 31 – Das Buch, das du als nächstes liest/lesen willst

31 Jul ’10

„Die Sonne wurde zur Nova.“

Womit wir auch schon bei den zentralen Punkten der Bücher wären, um die sich diese Rezension drehen wird: Explodierende Sonnen, Raumschiffe, U-Shadows und Quantenverschränkungen.

Vor ein paar Jahren habe ich das Science-Fiction-Genre für mich entdeckt. Angefangen hat es mit Dan Simmons‘ Ilium und Hyperion; und im Moment bin ich bei Peter F. Hamilton gelandet, der ein Universum erschaffen hat, das sich über mehr als 5000 Seiten erstreckt und noch [hoffentlich lange!] nicht abgeschlossen ist. Und ich warte sehnsüchtigst auf das nun neunte Buch. Da das von Hamilton erschaffene Universum so unglaublich komplex und umfangreich ist, sind die erschienenen Bücher in verschiedene Reihen gesplittet:

–       Dieb der Zeit, 2004

–       Die Commonwealth-Saga [4 Bücher], 2006-2007

–       Die Leere-Reihe [4 Bücher], 2009-2010

Und damit ihr einen kleinen Überblick darüber bekommt, was wann wo und wieso überhaupt, hier ein grober Überblick über die einzelnen Abschnitte:

Dieb der Zeit spielt [sympathischerweise] im 21. Jahrhundert. Um 2040 herum wird eine Technologie erfunden, die es den Menschen ermöglicht, ewig zu leben. Anfangs nur den Reichen vorbehalten, wird sie irgendwann auch für den Durchschnittsbürger erschwinglich – die Menschheit ist unsterblich geworden. Doch wer denkt, dass es hier jetzt schon völlig abgedreht wird, der irrt. Abgesehen von der Unsterblichkeit hat sich die Menschheit nicht großartig verändert. Man ärgert sich immernoch über den viel zu ordentlich getrimmten Rasen des Nachbars, freut sich auf den Urlaub in Tokyo und schaut sich TV-Shows an. Nur eben unsterblich.

Aber ich greife schon zu weit voraus. In Dieb der Zeit, welches ich noch nicht gelesen habe, dreht sich alles um den ersten Menschen, der die neue Technologie „ausprobieren darf“, wie er mit dem Medienrummel umgeht, welche Nebenwirkungen die „Rejuvenation“ hat und mit welchen ethischen Problemen er – der plötzlich wieder jugendliche Senior – sich konfrontiert sieht.

Daran schließt sich die Commonwealth-Saga an, die im großen und ganzen den Krieg der im Galaxisarm ausgebreiteten Menschheit gegen eine fremdartige Spezies Außerirdischer namens „Primes“ darstellt. Aber dabei wird nicht von einem Kriegsschauplatz zum anderen gehetzt – vielmehr geht es darum, wie der Krieg das Leben der Menschen beeinflusst. Wie die Reichen sich heimlich Archen bauen lassen, wie Profit aus dem Elend geschlagen wird, und wie die Menschheit langsam aber sicher immer mehr in Bedrängnis gerät – zumal die Guardians of Selfhood [sowas wie moderne Zeugen Jehovas] mit ihren Verschwörungstheorien vielleicht garnicht so falsch zu liegen scheinen…

So viel sei gesagt: „Die Sonne wurde zur Nova“ ist nur einer der vielen im Kontext bildgewaltigen Sätze, die sich mir ins Gedächtnis eingebrannt haben.

Nach dem Krieg, dessen Ausgang ich nicht verraten möchte, folgt die eigentliche Reihe, die ich hier rezensieren möchte. [Habe schon viel zu viel geredet, Verzeihung.]

In der Leere-Trilogie [Ja wirklich, eigentlich ist es eine Trilogie. Aber ihr kennt ja die deutschen Verlage…] geht es um ein seltsames Phänomen, das im Innern der Galaxis entdeckt wurde – die Leere. Anstatt eines Schwarzen Lochs, wie man es im Innern einer Galaxie erwarten würde, fand man eine riesige, schwarze Sphäre, über die man partout keine Informationen sammeln kann, da jedweder Erkundungsversuch scheitert. Und zu allem Überfluss träumt ein vermeintlich religiöser Fanatiker, im Inneren befände sich ein zweites Universum, in dem ein gewisser Waterwalker namens Edeard Zauberkräfte besitzt und diese theoretisch allen Menschen zur Verfügung stünden, die sich mit ihm ins Innere der Leere begäben. Natürlich teilt er diese Träume allen seinen Gläubigen mit. Da haben wir den Salat – und der heißt „Living Dream“ und ist zur größten Religion der Menschheit avanciert, was die den Menschen freundlich gesinnten Alien-Spezies überhaupt nicht gut finden. Denn wer weiß schon, was passiert, wenn Pilger-Raumschiffe voller Menschen zielstrebig auf die Leere zufliegen und auf sie prallen? [Kleiner Tipp: Es ist nichts Gutes. Ganz und garnicht.]

So viel erstmal zum Inhalt.

Geschrieben ist die gesamte Reihe ungefähr wie die Commonwealth-Saga. Das heißt: Kein unwirklicher Technik-Schnickschnack, sondern Menschen. Was sie tun, was sie denken, wie sie leben. Dass sie ihren Kaffee verschütten [und der Maid-Bot ihn wegwischt], sich verlieben [nicht nur in multiple Persönlichkeiten, sondern multiple Menschen – Möbelverkäufer, um genau zu sein], ihren Platz in der super-kapitalistischen Welt finden [und dabei versehentlich auch mal in einer Orgie eines Superreichen landen] und vieles mehr.

Eigentlich kommt auch kein Genre zu kurz: Krimi, Liebesgeschichte, Science-Fiction, Coming-of-Age und sogar ein bisschen Fantasy. Und auf den über 2000 Seiten „Leere“ ist mit Sicherheit auch für jeden der passende Hauptcharakter dabei. Ich habe bewusst keine aufgezählt, weil so eine kurze Rezension einfach nicht ausreicht, um die Vielschichtigkeit jeder einzelnen Person anzureißen. Von der „tollpatschigen Araminta“, der „berechnenden Paula Myo“ und der „wunderschönen Mellanie“ zu sprechen, würde den liebevoll gestalteten Charakteren nicht gerecht werden.

Man ist bei dieser Reihe immer wieder erstaunt, wie es Peter F. Hamilton schafft, das Lebensgefühl des Heute fast 3000 Jahre in die Zukunft zu transportieren. Oft sitzt man [ich] da und denkt „Das könnte doch auch ich sein!“ oder „Typisch Schickimicki-Chanel-Tusse!“. Wäre da nicht das Umfeld, die Raumschiffe, die Technologie, könnte man es tatsächlich für einen Gegenwartsroman halten. Und das meine ich positiv!

Ich muss jedoch ganz ehrlich zugeben, dass mir der Commonwealth-Zyklus anfangs etwas zu normal war. Da fuhr man mit dem Zug und baute Kohle ab, hatte einen Swimmingpool im Garten und arbeitete von Neun bis Fünf. Zwar blitzten hier und dort einzelne Aspekte des schnelllebigen 3. Jahrtausends auf, doch irgendwie kam erst kein richtiges SF-Flair auf. Das lag vielleicht auch daran, dass Hamilton viel beschrieb, jedoch nichts erklärte. Dass hinter einer „Unisphäre“  ein Supermedium à la Internet + Fernsehen + Datenbanken steckt, ist beim ersten Lesen nicht klar, genau so wenig wie man beim ersten Lesen vielleicht nicht begreift, dass hier tatsächlich Züge zwischen Planeten hin und her fahren!

Jedenfalls!

Am 24. August 2010 kommt der dritte Teil der Leere-Trilogie heraus! „The Evolutionary Void“ heißt er, und ich bin wahnsinnig gespannt, was hinter dem „Evolutionary“ steckt! Und ihr merkt es schon… „Leere? Void? Englisch? Deutsch? Entscheide dich mal!“ – Ich kann es einfach nicht erwarten, bis die deutsche Übersetzung erscheint! Ich MUSS das englische Original haben! [Zumal der die deutsche Übersetzung mehr schlecht als recht lektoriert wurde, zumindest anfangs.]

Kaufen? – Ja, kaufen! Für jeden SF-Fan ist Hamilton zumindest aus Prinzip ein Muss! :)


Ungeschrien studiert was mit Medien in Sachsen. Er ist Teenager, Bücherwurm und Möchtegern-Nerd, unglaublich schüchtern und fühlt sich permanent unter- oder überfordert. Er mag die Worte Splitter, Finsternis, Fieber, Iriden und Phosphoreszenz. Außerdem hat er eine artifizielle Sprache kreiert, die er hoffentlich bald flüssig sprechen kann.

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2 Comments

  • Reply (mad) 31 Jul ’10 at 15:49

    klingt extrem spannend und ist ein schöner abschluss der „31 Tage – 31 Bücher“. ab morgen geht’s dann bei mir weiter mit „31 Tage – 31 Platten“, von denen sogar noch eine handvoll zu vergeben ist…

  • Reply Tweets that mention Tag 31 – Das Buch, das du als nächstes liest/lesen willst | ivy machts net -- Topsy.com 31 Jul ’10 at 18:28

    […] This post was mentioned on Twitter by Bernhard Madlener, Florian Allesch. Florian Allesch said: das Finale von "31 Tage – 31 Bücher" bei @iwona_w: "Das Buch, das du als nächstes liest/lesen willst" … http://bit.ly/dxG1Gw #3131 […]

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